Hartmetallbeschichtete Bremsscheiben bearbeiten mit einer Modifikation der DVS UGrind
Feinstaubbelastung ist in den letzten Jahren zu einem Top-Thema avanciert in der Gesundheits- und Umweltpolitik und damit letztlich auch in der Verkehrspolitik. Selbstverständlich sind daher auch die Hersteller in hohem Maße daran interessiert, die Feinstaubemission ihrer Produkte so weit wie möglich zu verringern.
Ein Großteil der verkehrsbedingten Feinstaubbelastungen entsteht durch den Abrieb von Reifen und Bremsen. Diese Belastung lässt sich bei Bremsen durch den Einsatz neuer Materialien deutlich reduzieren. Herkömmliche Bremsscheiben aus Grauguss werden dafür mit hochfesten, verschleißresistenteren Metallen beschichtet. Was für Autofahrer und Umwelt einen großen Vorteil darstellt, stellt den Hersteller der Bremsscheiben allerdings vor eine neue fertigungstechnische Herausforderung.
Auf die Bremsscheiben wird eine dünne Schicht aus Wolframkarbid oder Aluminiumoxid aufgebracht. Damit diese Beschichtung auf dem Grauguss hält, wird die Oberfläche zuvor mittels Laser strukturiert und mit einer Zwischenschicht aus Nickel versehen. Dies stellt eine gute Haftung der Hartschicht sicher und sorgt mit einer gewissen Elastizität für einen Ausgleich der unterschiedlichen Wärmedehnungskoeffizienten von Grauguss und Wolframkarbid. Durch die feine Oberfläche der Beschichtung ist der Verschleiß der Bremsbeläge wesentlich geringer – und damit auch deren Anteil an der Feinstaubbelastung.
Die Reibflächen der Bremsscheibe müssen nach dem Beschichten beidseitig geschliffen werden, damit Oberflächenqualität, Ebenheit und Planparallelität gewährleistet sind. Dies stellt hohe Anforderungen an den Fertigungsprozess bzw. an die Bearbeitungsmaschinen und Werkzeuge.
Die Vorteile beschichteter Bremsscheiben
- Durch die hohe Verschleißfestigkeit und Langlebigkeit der Bremsscheiben und -beläge ist die Feinstaubbildung um 90% geringer als mit herkömmlichen Scheiben.
- Keine Riefen- und Rostbildung, daher konstant hohe Verzögerungsleistung auch nach mehreren aufeinanderfolgenden Bremsmanövern sowie kein „Fading – Effekt“ (nachlassende Bremswirkung bei hoher Belastung der Bremsen).
- Die große Hitzebeständigkeit wirkt ebenfalls dem Fading-Effekt entgegen.
- Durch den großflächigen Kontakt zwischen Bremsscheibe und -belag ergibt sich insgesamt ein besseres Bremsverhalten, welches – auch bei Nässe – kürzere Bremswege zur Folge hat.
Zukunftsfähig und sicher
Bremsen von Elektrofahrzeugen werden aufgrund der höheren Bremswirkung des Motors weniger stark beansprucht. Auf herkömmlichen Bremsscheiben bildet sich dadurch allerdings leicht Flugrost, der die Bremswirkung beeinträchtigt. Die nichtrostende Hartmetallbeschichtung wird also auch im Hinblick auf die Elektromobilität eine bedeutende Rolle spielen. Bedingt durch den hohen Fertigungsaufwand liegt der Preis für beschichtete Bremsscheiben etwa um den Faktor 3 höher als für herkömmliche Gussscheiben. Aus diesem Grund werden beschichtete Bremsscheiben bislang nur für Fahrzeuge der oberen Preisklasse angeboten.
Die Vorteile sprechen allerdings dafür, dass sich das in absehbarer Zeit ändert. In Bezug auf Umwelt, Sicherheit und Eignung für die Elektromobilität ist davon auszugehen, dass die beschichtete Bremsscheibe ein hohes Potenzial für künftige Fahrzeuggenerationen darstellt und langfristig zum Standard in allen Fahrzeugen werden wird.
Anforderungen an die Fertigung
Bei all ihren Vorteilen stellen hartmetallbeschichtete Bremsscheiben enorme Anforderung an die Fertigungs- und Bearbeitungstechnik.
- Die Härte der Beschichtung von bis zu 1000 HV lässt nur geringe Zustellungen zu und erfordert besondere Schleifmittel.
- Um eine konstant hohe Bremswirkung zu gewährleisten, müssen die Reibflächen der Bremsscheiben absolut eben und planparallel sein und eine hohe Oberflächengüte aufweisen.
- Kostendruck und hohe Stückzahlen erfordern kurze Zykluszeiten
Modifikation der DVS UGrind
Dieser Herausforderungen hat sich die DVS Universal Grinding GmbH, Teil der DVS Technology Group mit Sitz im hessischen Butzbach, angenommen und dazu die bewährte DVS UGrind entsprechend modifiziert.
Die DVS UGrind ist die universelle Werkstattmaschine für die kombinierte Hartfeinbearbeitung kleiner und mittlerer Losgrößen aus dem Hause DVS Universal Grinding GmbH. Ihre modulare Bauweise erlaubt zudem die Anpassung an spezielle Anforderungen oder Fertigungsverfahren, wie sie zum Beispiel bei der Bearbeitung schwer zerspanbarer Materialien oder bei der Fertigung großer Stückzahlen auftreten.
Die Bremsscheiben werden im sogenannten Doppelplanschleifverfahren bearbeitet. Dazu wurde eine DVS UGrind mit zwei gegenüberliegenden Schleifspindeln ausgestattet, zwischen denen die Bremsscheiben gleichzeitig von beiden Seiten bearbeitet werden. Die Maßhaltigkeit wird mittels In-Prozess-Messung der Stärke der Bremsscheibe sichergestellt. In der Maschine werden vor der Bearbeitung die Lage in Z-Richtung sowie die Stärke der Bremsscheibe ermittelt. Auf dieser Basis wird die Bremsscheibe beidseitig auf Maß geschliffen. Dies gewährleistet die Einhaltung der engen Fertigungstoleranzen innerhalb einer kurzen Bearbeitungszeit. Ein Robotersystem zur automatischen Be- und Entladung der Maschine mit Bremsscheiben stellt den notwendigen Durchsatz sicher.
Die verwendeten Schleifscheiben stammen ebenfalls aus der DVS Gruppe. In einer engen Entwicklungszusammenarbeit zwischen DVS Universal Grinding und dem ebenfalls in Butzbach ansässigen Schleifmittelhersteller Naxos–Diskus Schleifmittelwerke wurde der Schleifprozess hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Qualität optimiert. Ein gutes Verhältnis zwischen Materialabtrag und Schleifscheibenverschleiß ermöglicht einen hohen Werkstückdurchsatz bei geringen Werkzeugkosten.
Zukunftsaussichten
Derzeit liegt der weltweite, jährliche Bedarf an Bremsscheiben bei rund 450 Millionen Stück. Aus den genannten Vorteilen ist davon auszugehen, dass beschichtete Bremsscheiben künftig in immer mehr Fahrzeugen zum Einsatz kommen – was in der Folge natürlich auch den Bedarf an geeigneten Werkzeugmaschinen und Werkzeugen erhöhen wird. DVS Universal Grinding ist dabei nicht nur in der Lage, mit der Entwicklung mitzuhalten, sondern sie auch durch innovative Lösungen weiter nach vorne zu treiben.